Ausweichmanöver ?

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Bendwick antwortete auf Ausweichmanöver ?

Posted 05 Nov. 2015 17:42 #11
Wie die anderen JG4-Mitglieder schon schrieben, es lag in der Regel ein großer Fehler und/oder Unachtsamkeit vor, wenn der Gegner in niedriger Höhe auf die nahe 6-Uhr-Position kommt. Neben dem Beten oder Zusammenkneifen der Arschbacken hilft nur extremes Fliegen im physikalischen Grenzbereich, jedoch garantiert auch das keinen Erfolg. Es erfordert zudem viel Übung und möglichst genaue Kenntnisse der konstruktions- und typenabhängigen Vor- und Nachteile des eigenen Flugzeuges. Eines der von mir eingesetzten Manöver beginnt mit einem relativ steilen und schnellen aber kurzen Steigflug (0,5 bis maximal 1,5 Sekunden – abhängig von der geflogenen Geschwindigkeit). Der Gegner zieht dabei natürlich mit und versucht den richtigen Vorhaltewinkel zu erreichen. Da er diesen auch sehr schnell erreicht, drücke ich den Steuerknüppel nach der genannten Sekunde maximal nach vorne und verschwinde so (hoffentlich) unter der Motorhaube des Gegners. Um mich wieder in sein Blickfeld zu bekommen, muss dieser nun ebenfalls andrücken.

Den Sinkflug halte ich – abhängig von der verfügbaren Bodenfreiheit – für ca. 2 – 3 Sekunden. In diesem Zeitraum sollte auch der Gegner angedrückt und mich wieder bzw. fast wieder im Blickfeld haben. Nun reiße ich den Steuerknüppel mit aller Macht zurück, erzeuge den maximalen Anstellwinkel, erhöhe damit den aerodynamischen Widerstand des Flugzeuges und „bremse“ meine Fluggeschwindigkeit bis kurz vor den Strömungsabriss ab. Vor dem Hochziehen nehme ich dazu den Leistungshebel auf Leerlauf zurück und fahre, sofern Zeit und Umstände es erlauben, die Landeklappen etwas aus. Ist der Gegner nah genug und auf ein flüchtendes Opfer eingestellt (d.h. er fliegt mit Vollgas um die eigentlich schnellere Bf109 nicht entkommen zu lassen), überschießt er eventuell aufgrund meiner plötzlichen Geschwindigkeitsänderung und seiner notwendigen Reaktionszeit. Den gerissenen Steigflug kann man auch mit einer leichten Kurve verbinden, damit du nicht wieder genau vor dem Gegner und damit vor seinen Bordwaffen hochziehst. Natürlich bis du während des gesamten Manövers in hoher Gefahr und es wir auch nicht immer gelingen, denn ein erfahrener Gegner wird z.B. seinen Fahrtüberschuss in Höhe umwandeln und bald zum neuen Angriff ansetzen, jedoch hast du, wenn es funktioniert, etwas Zeit und hoffentlich auch Distanz zum Flüchten gewonnen.

Spiele dann die Vorteile der Bf 109 aus und steige mit den entsprechenden Einstellungen weg. Folgt der Gegner, kannst du das Blatt evtl. bald wenden und aus der Überhöhung zum Angriff übergehen.

Das plötzliche Ändern der Flughöhe hilft übrigens auch bei seitlichen Angriffen eines Gegners, denn es erschwert das Vorhalten erheblich. Versuche dabei – soweit möglich – eine möglichst kleine Silhouette abzubilden. Kurve also nicht immer stur in den Gegner hinein, sondern rolle so, dass die Flügel und Rumpf eine Ebene bilden. Das Seitenprofil eines Flugzeuges ist flächenmäßig erheblich kleiner als die Draufsicht.

Was ich meine kannst du bei diesem Video eines Luftkampfes zwischen ATAG_Naz und mir beobachten:

0:44 – Maschine geradelegen (kleines Ziel bilden), Hochziehen (Steigflug antäuschen) und Andrücken (Verschwinden unter der Motorhaube);
0:46 Gas raus und maximaler Anstellwinkel (Luftbremse);
0:51 Gegner hat überschosse d.h. sofort Vollgas – wieder Energie aufbauen;
0:56 Gegner wieder in überlegener Position (er hat seine Geschwindigkeit in Höhe umgewandelt);
0:59 wieder eine kleine Silhouette bilden (geringe Angriffsfläche zeigen);
1:11 wieder Luftbremse;
1:38 Andrücken und versuchen, keinen einfachen Vorhaltewinkel zu ermöglichen;
1:51 Andrücken;
ab 1:54 wieder Luftbremse.

Der Rest ergab sich aus einem Flugfehler meines Gegners.


Zum Verlieren sind wir nicht fähig,
wir müssen besiegt werden.
Oberst 'Bendwick'
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Last Edit:05 Nov. 2015 17:47 von Bendwick
Letzte Änderung: 05 Nov. 2015 17:47 von Bendwick.
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  • Lebano
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Lebano antwortete auf Ausweichmanöver ?

Posted 05 Nov. 2015 19:09 #12
Ich dachte Bendwick du würdest auch noch das Video aus deiner Sicht verlinken wollen?
Hier ist es jedenfalls:
Ein Leben ohne Fliegen ist möglich,
aber nicht sinnvoll!!!
Major 'Lebano'
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Hannes antwortete auf Ausweichmanöver ?

Posted 24 Nov. 2015 00:06 #13
Super Antworten, mir fehlt bisher die Rolle als effizientes Mittel, aber ich werde mal versuchen, meine Sicht der Dinge zu erläutern:

Es gibt imho 5 wichtige Faktoren, die die Taktik vorgeben: eigener Energiestatus, eigene Flugeigenschaften, kinetischer Energiestatus des Angreifers, Flugeigenschaften des Angreifers und, last but not least, Deppheitsgrad des Angreifers.

Angenommen ein klassischer Turn-and-Burner, wie die Spitfire, kommt mit Überfahrt auf deinen Energy-Fighter, wie der 109, auf der Sechs rein, während du einen niedrigen Energiestatus (= auf dem Deck) hast:

1. Sofern der Gegner _kein_ Depp ist, nicht näher als 200m rankommt und statt dessen über High YoYo oder Rollen seinen Energievorteil hält, sind alle Manöver maximal Verzögerung bis deine Gruppe eingreifen kann. Hier ist Kommunikation alles, mach dies im Funk deutlich. Es geht um Leben und Tod. Oft unterschätzt, aber awareness (=Übersicht~?) ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren.

2. Die 109 hat bei genug Anströmung ein gutes Rollverhalten, gut durchgeführte flache Scheren können die Spitfire "knacken", sofern du die Scheren "richtig" machst. Viele versuchen die Scheren im Hardturn zu fliegen, versuche stattdessen deine Rollrate auszunutzen, während du deine kinetische Energie in Softturns hälst. Alles, was du dazu machen musst, ist mit leichtem vertikalen Versatz sofort in Gegenkurve zu gehen, sobald der Angreifer einlenkt. Das erfordert, dass du den Gegner im Auge behälst. Du darfst wirklich erst gegensteuern, wenn er auch einlenkt. Selbst bei gleicher Rollrate ist der Verteidier im Vorteil, da er die Initiative hat und den Kampf bestimmt. Der Feind kann nur, oft mit leichter Verzögerung, reagieren. Großer Vorteil hier: der Feind wird sich nicht lösen können und du wirst bei konsequenter Ausführung in die Angreiferrolle wechseln ("... dafür stehe ich mit meinem Namen." - Klaus Hipp). Der Scherenkampf fällt, wie auch die Energiefalle, in die Kategorie Rope-a-Dope. Du lockst den Angreifer unter einem scheinbaren Vorteil in ein Manöver, bei dem du in Wirklichkeit alle Vorteile hast. Dieses Manöver funktioniert natürlich nur, wenn der Feind sich auf den Scherenkampf einlässt. Ein guter Angreifer wird den Versuch der Schere kontern, z.B. mit einem High YoYo. Der Scherenkampf kann auch rollend vollführt werden, das ist aber eine ganze Ecke härter, grade auf dem Deck!

3. Fassrollen sind ein gutes Mittel, um Gegner im Head-on oder bei deutlicher Überfahrt "aussteigen" zu lassen, entweder durch einen Abbruch des Angriffes oder ein Überschießen. Fassrollen haben den Vorteil, dass sie _fast_ energieneutral sind, du bist nach Ausführen der Rolle _annähernd_ im gleichen Energiezustand! Der große Vorteil ist hier die stetige Richtungsänderung in der Horizontalen _und_ Vertikalen, was das Erzeugen einer Waffenlösung für den Angreifer oft erschwert. Natürlich ist auch hier das Timing sehr wichtig. Zu früh oder zu spät und du siehst Frankreich wohl vorerst nicht mehr wieder. Des Weiteren reduzierst du deine Translation in Flugrichtung, obwohl deine tatsächliche Geschwindigkeit gleich bleibt. Ein großer Vorteil gegen schnell anstürmende Feinde.

4. ¡Zeig cojones! Überrasche den Gegner, gib ihm keine Zeit. Nichts ist gefährlicher als eine Kurve. Zur Not drück zwischen die Bäume, sobald er eine Waffenlösung hat! Dabei zwingst du ihn nicht nur auf dich, sondern auch auf den Boden zu beachten. Viele Überfordert das massiv! (think pod racer) Am Ende des Tages hast du die höhere Endgeschwindigkeit auf dem Deck; dein einziger Trumpf!
Last Edit:24 Nov. 2015 00:16 von Hannes
Letzte Änderung: 24 Nov. 2015 00:16 von Hannes.
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